(zusammen mit Zdenek Zofka)
Grillenberger, Vollmar und Genossen.
Zur Frühgeschichte der SPD in Bayern.
Bayerischer Rundfunk, "Bayern – Land und Leute", 9.3.1986
„Ich hatte mir ein ganz eigenes System von Weltanschauung zurechtgemacht. (…) in kleinen ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, als Lehrjunge geknufft, herumgestoßen und misshandelt, als Geselle auch nicht auf Rosen gebettet, dabei soweit belesen und unterrichtet, um verschiedenen politischen und sonstigen Schwindel nicht zu glauben – so musste ich denn notwendigerweise zu einer Lebensanschauung gelangen, die man heute sozialdemokratisch nennt“. So beschreibt der Nürnberger Schlosser Karl Grillenberger seinen Werdegang und aufgrund ähnlicher Erfahrungen schlossen sich im Laufe des 19. Jahrhunderts viele Fabrikarbeiter auch in Bayern der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung an. Die Industriegebiete um Nürnberg-Fürth, Augsburg und München wurden zu Hochburgen der Sozialdemokratie ebenso wie die Kohlegebiete um Penzberg und die linksrheinische Pfalz mit ihrer Chemieindustrie.
Dass jemand wie Grillenberger sich der Bewegung anschloss, die um bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen der kleinen Leute kämpfte, gegen Kinderarbeit und Wohnungsnot, für Arbeitsschutzgesetze, Mindestlohn und regulierte Arbeitszeiten, leuchtet ein. Aber ein Georg Ritter von Vollmar, adeliger Offizier, Mitglied des Reichstags und der bayerischen Abgeordnetenkammer? Er war Pragmatiker und versuchte, die Arbeiterpartei SPD den speziellen Bedingungen eines weitgehend agrarisch-katholischen Bayerns anzupassen, blieb aber erfolglos, wie so viele sozialdemokratische Politiker nach ihm.