Ödön von Horvaths "Lehrerin von Regensburg".
Eine Erinnerung an Elly Maldaque.
Bayerischer Rundfunk, "Bayern – Land und Leute", 24.4.1994
Elly Maldaque, 1893 in Erlangen geboren, unterrichtete seit 1920 an einer Volksschule in Regensburg, wo sie sich besonders für benachteiligte Unterschichtskinder engagierte. Als sie in den 1930iger Jahren einige Veranstaltungen verschiedener Arbeitervereine besucht, fällt sie bald einem Spitzel auf. Er denunziert sie bei der Schulbehörde und der Polizei, die auf illegale Art und Weise zu Abschriften aus ihrem Tagebuch kommt. Einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Passagen scheinen Elly Maldaque als überzeugte Kommunistin auszuweisen, und das ist bei Staatsdienern ein Entlassungsgrund. Man lässt ihr keine Chance zur Rechtfertigung, sie wird nicht einmal persönlich angehört. Im Juni 1930 bekommt sie ihre fristlose Entlassung und die Aufkündigung ihrer Altersversorgung. Auch Proteste der Eltern für die beliebte Lehrerin ändern daran nichts. Daraufhin erleidet sie einen Nervenzusammenbruch und wird gewaltsam in eine Heil- und Pflegeanstalt gebracht, wo sie als „gemeingefährliche Geisteskranke“ elf Tage später unter bis heute ungeklärten Umständen an Herzversagen stirbt.
Der Fall wurde sehr kontrovers im Bayerischen Landtag diskutiert und wirbelte auch überregional viel Staub auf, so dass der Schriftsteller Ödön von Horváth darauf aufmerksam wurde. Sein Stück „Die Lehrerin von Regensburg“ ist zwar nur fragmentarisch erhalten, doch bietet es – zusammen mit dem Briefwechsel der Behörden, den Landtagsreden, historischen Zeitungsartikeln und Elly Maldaques Tagebuch – genügend Stoff zur Rekonstruktion der tragischen Geschichte