Kronprinz Rupprecht – Rückkehr

10.11.1945
Kronprinz Rupprecht kehrt zurück

Reporter: "Wir befinden uns auf dem Münchner Flughafen Riem. Hier ist es kalt und trüb, ein typisches Novemberwetter. Die zweimotorige Sondermaschine der amerikanischen Militärs setzt eben zu einer nicht gerade sanften Landung an. Die Piste konnte nämlich bisher nur notdürftig geflickt werden, Spuren der Zerstörung des erst kürzlich zu Ende gegangenen Krieges sind noch deutlich zu sehen. Jetzt kommt die Maschine zum Halten, wir sind gespannt, ob ER dabei ist. Die Fahrgasttreppe wird gebracht, eine militärische Eskorte tritt an, die Tür des Flugzeuges öffnet sich – tatsächlich, er ist es! Ein königlicher Bayer kehrt zurück, Kronprinz Rupprecht hat seinen italienischen Zufluchtsort in Florenz endgültig verlassen und kommt heim ins Land seiner Väter. Weißhaarig und gebeugt von der Last der Jahre, kann seine Exzellenz nach sechsjährigem Exil endlich wieder auf heimatlichem Boden sein müdes Haupt zur Ruhe betten".
Eine traurige Heimkehr, die der 76jährige Kronprinz Rupprecht da am 10. November 1945 erlebte. Zwar wurde der Sohn des letzten bayrischen Königs Ludwig III mit allen militärischen Ehren empfangen, aber von einer fremden Besatzungsmacht, von den Amerikanern. Und das Volk, wo war sein Volk geblieben? Das hatte wohl anderes zu tun, als einem übrig gebliebenen Wittelsbacher zuzujubeln. Die kalte Jahreszeit stand bevor, da hieß es Vorräte hamstern und in der noch weitgehend zerstörten Stadt irgendeinen warmen Platz zum Überwintern finden. Dennoch verband sich mit der Rückkehr des Kronprinzen für Viele auch die Hoffnung auf bessere Zeiten. Man träumte von einem neuen, souveränen Königreich Bayern, nur weg vom bösen Preußen, der uns das alles eingebrockt hat. Entsprechend formulierte es ein Aufruf der Bayrischen Heimat- und Königspartei im Februar 1946: "Über 700 Jahre lang ist Bayern als selbständiger Staat unter der Regierung des Hauses Wittelsbach frei, zufrieden und glücklich gewesen. Mit dem Sturz der Monarchie hat die Zeit des größten Niedergangs ihren Anfang genommen. Aus den Trümmern, die eine wahnsinnige Diktatur hinterließ, gilt es jetzt, unser geliebtes Heimatland neu aufzubauen".

Das war nun schon das dritte Mal, daß dem zögerlichen Thronfolger eine Möglichkeit zur Wiederherstellung der Monarchie geboten wurde. Konkrete Putschpläne waren erstmals im November 1921, zu den Beisetzungsfeierlichkeiten seines Vaters, geschmiedet worden. Doch dafür hatte sich der vorsichtige Prinz nicht erwärmen können. Im Februar 1933 dann, als ein gewisser Hitler schon Reichskanzler geworden war, hätte das Königreich Bayern als souveräner Staat ein Bollwerk gegen den Nationalsozialismus und gegen Hitler bilden sollen. Aber der Prinz zierte sich. Und nun setzten die monarchistischen Kreise wieder einmal alles auf ihre Trumpfkarte Rupprecht, der diesmal endlich geneigt schien, das Spiel mitzuspielen. Ein neues Königreich Bayern? 1945? Nach allem, was geschehen war? Ja, waren das denn nicht nur krankhafte Phantastereien von irgendwelchen senilen König-Ludwig-Spinnern? Anscheinend nicht. Eine Umfrage der amerikanischen Militärregierung im Februar 1946 hatte ergeben, daß allein in Oberbayern fast 80% für die Wiedereinführung der Monarchie waren! Die Zeit läßt sich aber leider nicht zurückdrehen, auch nicht durch einen Märchenkönig, und schon gleich dreimal nicht, wenn ein so nüchterner, unsentimentaler und geschichtsloser Menschenschlag wie die Amerikaner noch ein Wörtchen mitzureden haben. Rückständig, antiliberal, antidemokratisch waren die monarchistischen Bestrebungen für sie, ganz abgesehen davon, daß ein eigener Staat Bayern überhaupt nicht in ihr politisches Konzept paßte. Und so kam am 5. Mai 1946 das Aus in Form eines Telegramms aus Washington, "secret and urgent", mit der Anweisung, die Königspartei sofort aufzulösen, was auch prompt geschah. Großer Sieger dieser Auflösung war zweifelsohne die neu gegründete CSU, die seither ganz monarch-, äh, demokratisch das schöne Bayernland regiert.